Governanz als Schlüssel: Die Schweizer Formel zur erfolgreichen Gestaltung einer nachhaltigen Wirtschaft

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Ein Ordnungsrahmen für die Transformation: Governanz | © Schweizerischer Nationalfonds (SNF)

In demokratischen Gesellschaftsformen werden wirksame Veränderungen in der Regel durch ein Trio bewirkt: Erstens durch Anreize. Zweitens mittels erfolgreicher Praxisbeispiele. Drittens in Form gesetzlicher Rahmenbedingungen. Solches gilt auch für die Transformation hin zu einer nachhaltigen Wirtschaft in der Schweiz. Dabei stellen sich entscheidende Fragen für die Governanz. Wie lassen sich die dazu erforderlichen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Veränderungen erreichen? Welche Rollen sollen Politik, Gesetzgebung und Privatwirtschaft einnehmen?

Fünf Forschungsprojekte haben im Auftrag von NFP 73 wissenschaftliche Antworten auf die Herausforderungen im Zusammenhang mit Governanz und wirtschaftlicher Transformation erarbeitet.

Damit eine wohlwollende, lenkende Hand ihr Ziel erreicht, sind – vorab zu den daraus erwachsenden Massnahmen – komplexe Interessen auszubalancieren. Governanz ist die Kunst, staatliche Leitplanken mit konkreten Anwendungsfällen aus dem privaten Sektor zu verbinden, die von der breiten Bevölkerung als motivierend und positiv wahrgenommen werden. Erst damit kann die Transformation der Schweiz hin zu nachhaltiger Wirtschaft gelingen und erfolgreich bleiben.

Keine Transformation ohne Governanz

Governanz bezeichnet die effiziente Regelung, Steuerung und Kontrolle von Veränderungen. Die Ausgangslage dazu müssen naheliegenderweise belastbare Fakten und Daten sein. Das Forschungsprojekt „Nachhaltigkeitsfussabdruck in der Schweiz“ unter der Leitung von Prof. Dr. Joseph Francois (World Trade Institute) liefert diese.

Leitplanken für das Zusammenspiel von Staat und Gesellschaft, staatlichen Lenkungsmassnahmen und Initiativen der Privatwirtschaft, schaffen die Projekte „Rechtliche Rahmenbedingungen für eine ressourceneffiziente Kreislaufwirtschaft“ (Leitung: Prof. Dr. Sebastian Heselhaus, Universität Luzern) und „Freiwillige Umweltinitiativen der Privatwirtschaft“ (Leitung: Prof. Dr. Thomas Bernauer, ETH Zürich).

Dr. iur. Elisabeth Bürgi Bonanomi präsentiert mit ihrem Team der Universität Bern am Beispiel „Diversifizierte Ernährungssysteme dank nachhaltiger Handelsbeziehungen“, wie ein konkreter Gesetzesvorschlag über nachhaltigen Agrarhandel aussehen kann.

Eine durch Governanz stimulierte, nachhaltige Wirtschaft benötigt Arbeitnehmende mit entsprechenden Kompetenzfeldern. Was dies für den schweizerischen Arbeitsmarkt bedeutet, ist Gegenstand der Studie „Arbeitsmarkteffekte einer grünen Volkswirtschaft“ (Leitung: Prof. Dr. Rolf Weder, Universität Basel).

Governanz: Mix von freiwilligen und staatlichen Massnahmen

Die Schweizer Bevölkerung erkennt und akzeptiert mehrheitlich die Notwendigkeit, die Umsetzung einer nachhaltigen Wirtschaft durch geeignete Methoden zu unterstützen.

Schwerpunktmässig bieten sich zur effizienten Förderung einer nationalen Umweltpolitik einerseits staatliche Regulierungen der Wirtschaftstätigkeit an, kombiniert mit der normativen Steuerung globaler Lieferketten. Andererseits erfolgt eine Transformation auch durch Umweltinitiativen aus der Privatwirtschaft und von Verbraucherinnen und Verbrauchern.

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Das NFP 73 entwickelt Wissen für eine nachhaltige, ressourcenschonende Wirtschaft in der Schweiz, das Wohlstand fördert und die Wettbewerbsfähigkeit stärkt.

Das Zusammenspiel von staatlichen und freiwilligen Massnahmen besitzt dabei eine erhebliche Bedeutung, wie die NFP 73-Forschungsresultate zeigen:

Werden Synergien zwischen Staat und privatem Sektor erkannt, steigt die Akzeptanz von freiwilligen Umweltinitiativen in der Allgemeinheit deutlich.

Synergetisch entstandene, freiwillige Instrumente eröffnen Unternehmen die Chance, in dem selbst definierten, integrativ entstandenen Handlungsrahmen optimal die eigene wirtschaftliche Tätigkeit verantwortungsvoll ausüben zu können. Zusätzlich steigt die Akzeptanz von freiwilligen Massnahmen, wenn der Staat bei Nichterreichen der Ziele Sanktionen ergreifen kann.

Chancen einer Transformation für den Arbeitsmarkt

Die durch Governanz beschleunigte Transformation in eine grüne Volkswirtschaft verändert den Schweizer Arbeitsmarkt. Neue Berufsbilder werden nachgefragt, ohne die eine Umsetzung positiver Veränderungen nicht möglich ist.

Die Forschungsergebnisse von NFP 73 zeigen auf:

Berufe und Fähigkeiten mit naturwissenschaftlichem oder technischem Hintergrund weisen das höchste Potenzial in der Nachfrage auf. Auf der anderen Seite dieser Skala – immer mit Blick auf die Wichtigkeit einer wirtschaftlichen Transformation – stehen Berufsbilder im Gesundheitsbereich und im Kunstbereich.

Im Vergleich zu anderen Ländern besitzt die Schweiz schon heute einen relativ hohen Anteil an Beschäftigten mit einem „grünen“ Berufsprofil. Dennoch weist dieses Segment prozentual einen überdurchschnittlichen Anteil an offenen Stellen aus. Zugleich ist die Erwerbslosigkeit tiefer. Beides sind starke Indikatoren für eine aktive Nachfrage seitens der Unternehmen.

Zukünftige, durch Governanz angestossenen umweltpolitischen Regulierungen, werden die Nachfrage nach „grünen Berufen“ in der Schweiz zusätzlich erhöhen.

Zusammengefasst

  • Effektive Veränderungen in Richtung einer nachhaltigen Wirtschaft in der Schweiz erfordern eine Kombination aus wirtschaftlichen Anreizen, erfolgreichen Praxisbeispielen und gesetzlichen Rahmenbedingungen.
  • Forschungsprojekte unter NFP 73 liefern wissenschaftliche Antworten auf die Herausforderungen der Transformation und Governanz.
  • Um eine erfolgreiche Transformation zur Nachhaltigkeit zu erreichen, müssen staatliche Leitplanken und private Initiativen miteinander verbunden werden. Nur so werden Massnahmen der Privatwirtschaft von der Bevölkerung als wünschenswert wahrgenommen.
  • Die Transformation führt zu einer gesteigerten Nachfrage nach Arbeitnehmern mit bestimmten Kompetenzen, insbesondere in grünen Berufen.
  • Die Akzeptanz und der Erfolg von Umweltinitiativen hängen stark von der Zusammenarbeit zwischen Staat und Privatsektor ab.
  • Eine Verschiebung hin zu einer grünen Volkswirtschaft führt zur Nachfrage nach neuen Berufsbildern und spezialisierten Fähigkeiten, speziell in naturwissenschaftlichen und technischen Bereichen, was die Attraktivität von „grünen Berufen“ weiter erhöht.
Dieser Text entstand in Kooperation mit dem Nationalen Forschungsprogramm (NFP 73). Die redaktionelle Verantwortung für sämtliche Textinhalte obliegt den Autorinnen.