Unternehmen müssen sich zunehmend mit Herausforderungen wie neuen Berichterstattungspflichten und Gesetzgebungen, Auswirkungen und Risiken des Klimawandels oder verstärkter Aufmerksamkeit von Investoren für Nachhaltigkeit auseinandersetzen. Das Thema Nachhaltigkeit hat in den letzten Jahren spürbar an Bedeutung gewonnen. Dieser Artikel will aufzeigen, weshalb Aus- und Weiterbildungen zum Thema Nachhaltigkeit in und für Unternehmen essenziell sind, und richtet sich an Führungskräfte sowie Nachhaltigkeitsverantwortliche in Grossunternehmen und KMU. Er möchte ein Bewusstsein dafür schaffen, dass sich Investitionen in Aus- und Weiterbildungen im Bereich Nachhaltigkeit nicht nur lohnen, sondern für den Aufbau einer nachhaltigen Unternehmenskultur unverzichtbar sind.
Unternehmen müssen sich zunehmend mit Herausforderungen wie neuen Berichterstattungspflichten und Gesetzgebungen, Auswirkungen und Risiken des Klimawandels oder verstärkter Aufmerksamkeit von Investoren für Nachhaltigkeit auseinandersetzen. Das Thema Nachhaltigkeit hat in den letzten Jahren spürbar an Bedeutung gewonnen. Dieser Artikel will aufzeigen, weshalb Aus- und Weiterbildungen zum Thema Nachhaltigkeit in und für Unternehmen essenziell sind, und richtet sich an Führungskräfte sowie Nachhaltigkeitsverantwortliche in Grossunternehmen und KMU. Er möchte ein Bewusstsein dafür schaffen, dass sich Investitionen in Aus- und Weiterbildungen im Bereich Nachhaltigkeit nicht nur lohnen, sondern für den Aufbau einer nachhaltigen Unternehmenskultur unverzichtbar sind.
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Ausgangspunkt dieses Artikels ist die Aussage, dass die Schaffung einer nachhaltigen Zukunft in der Verantwortung aller liegt. Weltweit sind Unternehmen gefordert, ihre Geschäfte so zu führen, dass ihre Unternehmensstrategien zu einer nachhaltigen Transformation beitragen.1 Hierzu gehört in unserer sich schnell verändernden Welt neben einem hohen Anspruch an Qualität und einer klaren zukunftsorientierten Ausrichtung auch die weit- und umsichtige Umsetzung ehrgeiziger Strategien. Entscheidend dafür ist, Nachhaltigkeit in alle Unternehmensebenen einzubetten und eine nachhaltige Unternehmenskultur zu schaffen.
Darin sehen verschiedene Experten einen wesentlichen Faktor für die erfolgreiche Umsetzung einer nachhaltigen Unternehmensstrategie.2 Der Aufbau einer nachhaltigen Unternehmenskultur setzt entsprechende Fähigkeiten und Know-how voraus, um die damit verbundenen Ziele gemeinsam mit der Belegschaft zu erreichen. In einem Artikel von McKinsey, der im Oktober 2021 publiziert wurde, schreiben die Autoren, dass die Umsetzung einer Nachhaltigkeitsstrategie nur mit qualifizierten und motivierten Mitarbeitenden gelingen kann und dass dies in den meisten Unternehmen weitgehende systematische Umschulungen bedeuten wird. Hierzu gehören nach Auffassung der Autoren fünf Grundüberzeugungen für ressourcenschonende Betriebsabläufe («resource-productive operations [RPO]») – unter anderem «think holistic».
«Allzu oft scheitert der nachhaltige Wandel aus demselben Grund wie andere grosse Veränderungsprogramme: Man konzentriert sich zu sehr auf die Schaffung perfekter technischer Instrumente wie etwa Kostenkurven und zu wenig auf die Menschen, die sie nutzen werden. Technische Verbesserungen an den Produktionssystemen müssen Hand in Hand gehen mit Änderungen an den Managementsystemen sowie an den Denk- und Verhaltensweisen im gesamten Unternehmen. Die Bedeutung dieses ganzheitlichen Ansatzes wurde durch die jüngsten Wellen der industriellen Digitalisierung noch verstärkt. Der gleiche Ansatz gilt auch für die Nachhaltigkeit und verlangt von vielen Unternehmen eine radikale Neuordnung ihrer Prioritäten. In dem gleichen Mass, wie sich Unternehmen um die Produktivität von Ressourcen bemühen, ist es von entscheidender Bedeutung, die Fähigkeiten und die Motivation ihrer Mitarbeiter zu stärken, mit denen sie in der Lage sind, Chancen zu erkennen, geeignete Lösungen auszuwählen und diese im gesamten Unternehmen einzusetzen. Für die meisten Unternehmen ist damit eine systematische Umschulung in grossem Umfang verbunden.»
(Übersetzt aus dem englischen Original 3)
Um einen Bewusstseinswandel im gesamten Unternehmen herbeizuführen, ist es unerlässlich, den Fokus auf die Aus- und Weiterbildung der Manager und Mitarbeitenden zu legen, um wichtige neue Kenntnisse und Fähigkeiten zu entwickeln und darüber hinaus die Organisation als Ganzes fit für die künftigen Herausforderungen der Nachhaltigkeit zu machen.
Welche Nachhaltigkeitsthemen für welche Zielgruppe?
Mitarbeiter und Manager in verschiedenen Rollen, Funktionsbereichen und oft auch Geografien stehen unterschiedlichen Herausforderungen gegenüber und haben somit auch unterschiedliche Bedürfnisse, die es bei der Aus- und Weiterbildung zu berücksichtigen gilt. Daraus ergeben sich folgende Fragen: Zu welchen Nachhaltigkeitsthemen wird welcher Kenntnisstand von welchen Personen benötigt? Welche Aufgaben und Funktionen nehmen diese Personen im Anschluss an die Aus- und Weiterbildung wahr?
Es gibt eine grosse Anzahl von Nachhaltigkeitsthemen, die für Firmen von Bedeutung sind – das gilt insbesondere für Grossunternehmen mit internationaler Ausrichtung. Verschiedene Funktionen in Unternehmen stellen zudem unterschiedliche Anforderungen an die Verantwortlichen. So sind beispielsweise Aspekte wie Diversität oder Menschenrechte speziell für die Personalabteilung und im Lieferkettenmanagement von zentraler Bedeutung. Im Fokus der Betriebsleitung hingegen stehen Themen wie die Verringerung von Betriebsemissionen oder das Wissen um die Auswirkungen des Unternehmens auf die Umwelt.
Gleichzeitig spielen bei international tätigen Firmen unterschiedliche Themen in verschiedenen Region eine wichtige Rolle. Wen und wie viele Beschäftigte Unternehmen aus- oder weiterbilden, hängt zudem auch von der Unternehmensgrösse ab. In kleineren Betrieben gibt es oft Doppelrollen – nicht selten trägt der CEO eines KMU zugleich auch die Verantwortung für den Bereich Nachhaltigkeit. Auf der anderen Seite gibt es möglicherweise eine eigens für das Thema Nachhaltigkeit eingerichtete Abteilung in einem Grosskonzern, welche die entsprechenden Aus- und Weiterbildungen vielleicht sogar über die Lieferkette hinaus anbieten möchte, um das Know-how unternehmensübergreifend zu verankern.
Ebenfalls von zentraler Bedeutung ist die Überlegung, welche Aufgaben das entsprechend geschulte Personal künftig in der Organisation wahrnehmen soll. Geht es darum, andere zu motivieren, Innovationen und Partnerschaften voranzutreiben, oder liegt der Schwerpunkt eher auf Monitoring und Berichterstattung? Verschiedene Rollen benötigen unterschiedliche Kompetenzen, um die Integration von Nachhaltigkeit in einem Unternehmen zu ermöglichen.
Im Rahmen des Projekts «Umbau der Schweiz in eine ‹Grüne Wirtschaft›» des Nationalen Forschungsprogramms 73 (NFP 73) betont Rolf Weder, wie wichtig es für Schweizer Unternehmen ist, in die Aus- und Weiterbildung ihrer Mitarbeiter zu investieren, um die Beschäftigten nicht nur in «Green Jobs» – also Berufen, die man als «Nachhaltigkeitsjobs» bezeichnen könnte, sondern in allen Branchen auf die Bewältigung «sogenannter grüner Aufgaben (‹Green Tasks›)» vorzubereiten.4
In einem Artikel von CB Bhattacharya für McKinsey Quarterly befragt der Autor drei CEOs dazu, wie sie das Thema Nachhaltigkeit in ihren Unternehmen integriert haben. Seine Recherche zeigt, dass Unternehmen nur dann Fortschritte erzielen, wenn «Führungskräfte (…) [Nachhaltigkeit] mit dem angehen, was Organisationspsychologen als Eigentümermentalität bezeichnen». Er führt weiter aus: «Indem sie sich die Nachhaltigkeit zu eigen machen und dieses Gefühl der Eigenverantwortung bei ihren Kollegen im gesamten Unternehmen und darüber hinaus wecken, können Führungskräfte sinnvolle Lösungen für die komplexen Probleme schaffen, mit denen wir heute konfrontiert sind.»5 Diese Erkenntnis verdeutlicht die Notwendigkeit, auch und gerade Führungskräfte in die Aus- oder Weiterbildung einzubeziehen, denn nur mit dem entsprechenden Wissen sind sie in der Lage, das Thema zu verinnerlichen.
In einem Experteninterview mit Business Sustainability Today unterstreicht Professorin Judith Walls, Nachhaltigkeitsexpertin an der Universität St. Gallen, die Wichtigkeit von gut ausgebildeten, «starken Führungskräften». Da die grössten Hindernisse auf dem Weg zu einer nachhaltigen Wirtschaft darin liegen, «etwas Sinnvolles mit Wirkung» zu tun, kommt dieser Personengruppe eine Schlüsselrolle zu. Ein solches Ziel lässt sich aber nur mit den hierfür notwendigen Fähigkeiten erreichen.
Was Schweizer Unternehmen bis jetzt bezüglich Aus- und Weiterbildung tun
Die Resultate der «Focused Reporting»-Benchmark-Analyse 2021, bei der über 150 Schweizer Nachhaltigkeitsberichte analysiert wurden, belegt, dass sich Schulungsprogramme zu Nachhaltigkeit bei den analysierten Unternehmen in erster Linie auf Compliance, ethisches Verhalten sowie Gesundheits- und Sicherheitsmassnahmen fokussieren. Eine wachsende Zahl von Unternehmen setzt inzwischen jedoch auf ein breiteres Nachhaltigkeitskonzept und hat mit der Einführung entsprechender Trainingsprogramme begonnen. Die hierzu verfolgten Ansätze sind unterschiedlich und spiegeln den grossen Einfluss der Geschäftstätigkeit wider, wenn es um Nachhaltigkeit geht.
So führen beispielsweise zwei von 23 analysierten Schweizer Finanzinstituten interne obligatorische Schulungen zu Nachhaltigkeit und verantwortungsbewusstem Investieren durch, um sicherzustellen, dass ihre Kundenberater und Portfoliomanager die Bedeutung von Nachhaltigkeit sowie den Ansatz ihrer Unternehmen zu nachhaltigen Investitionen verstehen. Angesichts der wachsenden Nachfrage ihrer Kunden nach nachhaltigen Anlagemöglichkeiten vermitteln diese beiden Institute ihrer Belegschaft die nötige Expertise, um die steigenden Ansprüche angemessen erfüllen zu können.
In der Lebensmittelbranche liegen dem Thema Nachhaltigkeit andere Kriterien zugrunde. Zwei von neun analysierten Schweizer Unternehmen in der Lebensmittelindustrie haben Schulungsprogramme für ihre Lieferanten eingeführt, um die Integration der Nachhaltigkeit in der Wertschöpfungskette zu verankern. Ein Schokoladeproduzent zum Beispiel bietet Kleinbauern Ausbildungen für eine Professionalisierung der Landwirtschaft an. Durch Weiterbildung und Wissenstransfer trägt das Unternehmen dazu bei, Anbautechniken zu verbessern, das Bewusstsein für Menschenrechte zu schärfen und einen Beitrag zur Bekämpfung des Klimawandels zu leisten. In ähnlicher Weise hat ein Lebensmittel- und Getränkehersteller in die Unterstützung von Landwirten bei der Schaffung widerstandsfähigerer Betriebe investiert und mehr als 355 000 Landwirten Schulungen angeboten.
Wie sieht die Zukunft von Aus- und Weiterbildungen in Bezug auf Nachhaltigkeit aus?
In dem oben erwähnten NFP-Projekt wird nach Aussage von Rolf Weder «der Umbau der Volkswirtschaft» dazu führen, dass «relativ rasch mehr Arbeitskräfte gesucht werden, welche über Fähigkeiten zur Bewältigung grüner Aufgaben verfügen».6 Das wiederum führe aber zu dem Problem eines «öffentlichen Gutes» bzw. einer «positiven Externalität»:
«Firmen, welche diese Investition tätigen, um ihre Mitarbeiter produktiver hinsichtlich grüner Aufgaben zu machen, können tendenziell den Nutzen daraus nur zum Teil selbst realisieren, weil andere Firmen, welche diese Investitionen nicht tätigen, die entsprechend ausgebildeten Mitarbeiter abwerben und zu einem höheren Lohn beschäftigen können. Solch ein Prozess tendiert dazu, dass in einer Volkswirtschaft zu wenig in die Aus- und Weiterbildung von Mitarbeitenden in grünen Berufen investiert wird.»7
Um dieser Problematik zu entgegenzutreten, empfiehlt Weder staatliche Unterstützung in Form von Subventionen und Steuererleichterungen. Damit soll ein Anreiz zur Aus- und Weiterbildung im Bereich Nachhaltigkeit geschaffen werden.
Professorin Judith Walls bestätigt, dass der Aufbau von Nachhaltigkeits-Know-how drängt: Nachhaltigkeit sei für Unternehmen schon lange kein «Nice-to-have» mehr, sondern eine absolute Notwendigkeit. Dennoch hätten nach wie vor zu wenig Unternehmen die nötige Kapazität, um ihre eigenen Nachhaltigkeitsziele zu erreichen (beispielsweise Netto-Null, Gleichberechtigung auf Führungsebenen, Transparenz in Lieferketten und weitere), und somit auch auf nationaler Ebene nicht die Kapazität, die Ziele für nachhaltige Entwicklung bis 2030 zu erreichen.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Aus- und Weiterbildung von Arbeitskräften im Bereich der unternehmerischen Nachhaltigkeit zu den wichtigsten Voraussetzungen für eine Transformation zu einer nachhaltigen Wirtschaft in der Schweiz und zur Erreichung der Ziele für nachhaltige Entwicklung gehört. Investitionen in Aus- und Weiterbildung können als eine strategische Investition betrachtet werden. Zum einen vermittelt sie den Arbeitskräften fundiertes Wissen über soziale und ökologische Nachhaltigkeit, zum anderen verknüpft sie nachweislich die Integration von Nachhaltigkeit mit operativen Spitzenleistungen. Damit beides gelingt, braucht es gut ausgebildete Arbeitskräfte wie auch Führungspersönlichkeiten, die sowohl mit Eigentümermentalität als auch dem nötigen Know-how voranschreiten und ihre Belegschaft, Zulieferer, Investoren, Partner sowie die Industriekonkurrenz motivieren und dadurch den Weg in eine nachhaltige wirtschaftliche Zukunft ebnen.
* Die Grafik basiert auf Resultaten unserer Focused-Reporting-Analyse 2021. Mehr Informationen hierzu erhalten Sie auf Focused Reporting – Discover what matters.
1 Global Reporting White Paper „Double Materiality“
2 Baumgartner, R. J. “Organizational Culture and Leadership: Preconditions for the Development of
a Sustainable Corporation”. Sust. Dev. 17, 102–113 (2009).
3 McKinsey: Industrial-resource productivity and the road to sustainability
4 https://cieb.unibas.ch/fileadmin/user_upload/cieb/Buch_Gruene_Wirtschaft.pdf
5 McKinsey: Taking ownership of a sustainable future
6 Umbau der Schweiz in eine «Grüne Wirtschaft»
7 ebd.